sonntag, 11. november 2007
in anbetracht meines schuldgefuehls des immerzuspaetkommens und anderewartenlassens war ich diesmal viel zu frueh am busbahnhof retiro und stand in der schoenen sonne, frierend an der bushaltestelle, wo ich mit tabbita, nike und martin verabredet war. die maedels kamen auch sehr puenktlich, tabbi hatte bei nike geschlafen und sie hatten die vergangene nacht statt videoguckend salsatanzend mit martin zusammen bei nike verbracht. selbiger kam dann auch, sonnenbebrillt, mit medialunas, wobei wir inzwischen auch welche besorgt hatten. auf gings mit einem bus voller touristen, unter anderem einem ueberforderten amivater mit zwillingen, noch einem kleinkind und obendrein der schwiegermutter (dieses gespannt begegnete uns den ganzen tag ueber immer wieder), mit luxussitzen nach san antonio de areco, noch in der provinz buenos aires, ungefaehr anderthalb stunden von capital entfernt, zur gauchofiesta zum dia de la tradicion in eben dieses gauchoste aller gauchodoerfer - wie der reisefuehrer uns verhiess. aber erst einmal war martin der meinung wie saessen im villabus, denn da die busstation gleich neben der beruehmtberuechtigten villa 31 liegt, faehrt man eben immer kurz daran vorbei und kann ein bisschen touristenmaessig arme villabewohner ansehen, als ob es zootiere waeren. ich hatte ohnehin wie immer mal wieder auf dem weg von der subtestation zum busbahnhof beim anblick dieses vorhofes der villahoelle weltschmerz bekommen, dem auch die sonne nicht entgegenwirken konnte. gegen zwoelf wurden wir an einer neben der strasse gelegenen raststaettenparrillagaststaette rausgeworfen und mussten zu unserem schreck erst mal erfahren, dass es fuer diesen tag keine rueckfahrten mehr gaebe. unsere erschrockenen gesichter veranlassten die restaurant- und gleichzeitig busfahrtkartenverkaufsfachkraft dann aber doch noch wenigstens mal anzurufen und nachzufragen und siehe da, welch wunder, es gab doch noch busfahrkarten und unsere kurzfristigen horrorvisionen, eine nacht in einem pferdestahl oder in einer gauchoabsteige verbringen zu muessen, loesten sich schnell in luft auf. als spazierten wir vier vorzeigetouristen fotosschiessend in die innenstadt des beschaulichen ortes, wo wir sogleich auf viel pferdeduft, pferde und gauchos trafen, die gerade in einer stundenlangen parade durch die stadt marschierten.
echte gauchos, zumindestens gut als solche verkleidete menschen allen alters und beiderlei geschlechts (anmerkung: die gauchofrauen werden chinas genannt, weil sie zumindestens frueher indigener abstammung waren...), ritten stolz wie auf einer faschingsparade durch die stadt und wir konnte uns nicht satt sehen an den schoen geschmueckten pferden und den wildwesternaehnlichen wesen darauf. die maenner trugen bombachas, so heissen diese oben weiten unten engen hosen, huete oder gauchomuetzen, die sie ihren baskischen vorfahren geklaut haben, pionieruecher, katalanenschuhe und ein gauchomesser im guertel. die frauen hatten alle schoene lange kleider an, den sevillanas aehnlich. wir standen also eine ganze weile in der sonne und atmeten den leckeren pferdeduft und starrten die parade an. nach den bemannten pferden kamen noch welche, die praemiert worden waren. wir standen direkt zwischen einem wagen, auf dem die presse sich eingefunden hatte und der vipbuehne neben den lautsprechern und liessen uns die namen und herkunftsestancias der praemierten und unpraemierten ins ohr schreien. als die parade vorbei war, lief die menschenmasse auseinander und wir in richtung fluss, erst mal zur touristeninformation und dann zu einem restaurant direkt am fluss, wo wir einen tisch im garten ergatterten, den wir ungefaehr drei stunden lang besetzt hielten. zuerst weil wir nicht bedient wurden, dann wegen der sonne, die sich bestaendig mit dem wind abwechselte wodurch diese drei stunden aus einem unaufhaltsamen aus- und wiederangeziehe von kleidungsstuecken bestand. ausserdem hatten wir dann auch ein bisschen wein und bier getrunken und wurden traege und muede. als wir irgendwann mal das einzige tagesmenu bestellt hatten, bekamen wir nacheinander und vor allem durcheinander salat, fleisch, empanadas, besteck, teller, brot, glaeser, wein, bier, eis, kaffee, mehr salat und mehr fleisch. wuerste und noch mehr fleisch. so ungefaehr in der reihenfolge. dazwischen liessen wir uns reisegeschichten von martin erzaehlen, unterhielten uns mit den frauen am nachbartisch und probierten aus, was man bei welcher kellnerin bestellen konnte. schliesslich waren wir fast die letzten gaeste im vorher ueberfuellten garten gewesen und beschlossen dann doch mal aufzustehen und zu gehen, denn wir waren ja nicht zum spass, also in diesem fall zum essen hier. wir spazierten entlang des flusses, an dessen grossen, bebaumten, schoenen uferwiesen, die mindestens zehnmal zo breit waren wie der fluss selbst, ueber el puente viejo, die alte bruecke, dann ueber eine staubige strasse zum freilichtgauchomuseum, das ausgerechnet heute geschlossen war. also kein gauchomuseum, zurueck ueber die staubige strasse, kurz ueber einen kleinen gauchomarkt, dann zu einem schokoladenbruchstueckalfajoresladen, wo es kurz noch mal kaffee gab wiseguyslieder einigermassen textunsicher singend zu einem exklusiven silberwerkstattladen. nach diesen unserem reisefuehrer nach sehenswerten punkten ladeten wir muede auf der strasse, wo wir kurz sitzen blieben, um uns auszuruhen. da der bus erst um zwanzig vor zehn fuhr waren wir etwas ratslos was wir mit dem rest unserer zeit anfangen sollten, denn wir konnten nichts mehr essen. wir liefen also kurz zurueck zu dem restaurant, wo uns der bus abgeworfen hatte, um in erfahrung zu bringen, ob man nicht doch eher fahren koenne. da das natuerlich nicht moeglich war, also zurueck zu einem kleinen hotelkomplex, ein altes kolonialstiliges haus, wo man uns vorher beim vorbeigehen wein und kaese angeboten hatte. auf dieses angebot kamen wir zurueck, denn da es eine verkostung war, war es kostenlos und so verbrachten wir die zeit bis zur abfahrt unseres buses mit joschis lebensgeschichte*. dann schnell mit einer von martin erstandenen kiste leckeren weines zurueck zum bus. gegen halb zwoelf waren wir wieder am retiro und fuhren muede nach hause, den pferdegeruch in der nase und den fleischgeschmack im mund. ende einer reise in eine laengst vergangene gauchoromantische welt.
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